Ich bin ehrgeizig und gehe an meine
Grenzen“
Carole Flury weiss, was sie will.
Dank Talent, Ehrgeiz und Disziplin gehört die 29-Jährige in Sport und
Beruf zur absoluten Spitze. Im Thaiboxen ist sie zweifache
Weltmeisterin. Die sportlichen Erfolge hat sie vor allem dank Trainer
Rohy Batliwala erreicht.
Sport hat auf Carole Flury schon immer eine grosse Faszination
ausgeübt. In ihrer Jugend betrieb sie Leichtathletik, Volleyball,
Handball, Tennis und Judo, und 1999 sollte das erste Thaiboxtraining
folgen. Ein Schlüsselerlebnis. „Die Probelektion hat mich so stark
gefordert und ermüdet, dass ich danach sofort nach Hause musste. Ich
war total kaputt und spürte meine Grenzen. Dies hat mich fasziniert“,
blickt die Werdenbergerin zurück.
Schon bald folgten erste Kämpfe. Flury kam vom Thaiboxen kaum mehr
los, auch nicht in den Ferien. Sogar als sie in Mahr 2000 in Thailand
weilte, ballte sie die Fäuste. Lachend erzählt sie: “Ich schaute mir
eine Thaiboxveranstaltung an, entschloss mich ganz spontan für einen
Kampf, und 30 Minuten später stand ich im Ring. Ich kam nicht einmal
dazu, mich abzuschminken.“
WM-Titel als Lohn für harte Arbeit
Der
Aufwand, den Flury in den Anfängen fürs Thaiboxen betrieb, war enorm.
Sie wohnte damals noch in Basel und kam trotzdem zwei Mal pro Woche
zum Training nach Buchs. Die Grundkenntnisse des Thaiboxens eignete
sie sich unter den renommierten Fachleuten Rohy Batliwala und Michalis
Hristidis an. Für den Sport erbrachte sie viele Opfer.
Die
unermüdliche Carole Flury konnte die Früchte ihrere Anstrengungen aber
rasch ernten. Siege liessen nicht lange auf sich warten. Den ersten
Grosserfolg feierte die 54 kg schwere Athletin 2004 mit dem Gewinn der
Europameisterschaft im WFC-Verband. Ein Jahr später gelang es ihr,
diesen Titel zu verteidigen.
Auch heuer hat Flury schon so richtig zugeschlagen: Erst sicherte sie
sich in Winterthur den WM-Gurt in der WKA-Klasse, und am 13. Mai 2006
setzte sie ihrer bisherigen Laufbahn mit dem WFC-WM-Titel die Krone
auf. Dass sie diesen Gurt in Buchs vor rund 1'000 heimischen Fans
holte, macht ihn besonders wervoll.
Präsenz in den „grossen“ Medien
Der
Sieg an der Buchser Fightnight hat der 29-Jährigen, die übrigens auch
noch Schweizer Meisterin im Boxen ist, ganz neue Möglichkeiten
eröffnet. Knall auf Fall interessieren sich „grosse“ Medien wie das
Schweizer Fernsehen, „20 Minuten“ oder die „Schweizer Familie“ für
sie. Flurys Erfolge verschwinden plötzlich nicht mehr so schnell in
der Anonymität und werden von einem breiten Sportpublikum zur Kenntnis
genommen. Es gab Zeiten, da musste sie im wahrsten Sinne des Wortes um
Anerkennung kämpfen.
Flurys Erfolgshunger ist aber noch nicht gestillt. Motiviert peilt sie
weitere Ziele an: „Ich möchte alle meine Titel verteidigen und mal in
Japan kämpfen, wo angeblich die besten Thaiboxerinnen der Welt
herkommen. Und mein Wunsch ist es am 5. Dezember am so genannten
King’s-Birthday-Turnier teilzunehmen. Bei diesem Anlass in Thailand
dürfen nur geladene Kämferinnen mitmachen.“
„Nicht ewige Assistentin sein“
Diese Zielstrebigkeit und dieser unerbittliche Ehrgeiz gehen Carole
Flury auch im Beruf nicht ab. „Ich will im August 2007 den Abschluss
zur Wirtschaftsprüferin machen und mal eine Management-Position
einnehmen. Die ewige Assistentin zu sein, ist nicht mein Ding“, so
HSG-Absolventin lic.oec. Carole Flury zu ihren beruflichen
Perspektiven.
Seit drei Jahren arbeitet sie bei der Revitrust in Schaan. Ein Ort, wo
es ihr sehr gefällt. Die Firma stärke ihr den Rücken, sagt sie. Aber –
ganz klischeehaft gefragt – passt Thaiboxen und Wirtschaftsprüferin
zusammen? „ja“, meint die gebürtige Baslerin, „das passt sehr gut.
Gegensätze ziehen sich an. Die Arbeit im Büro ist sehr kopflastig und
dann bin ich froh, wenn ich mich bei meiner Leidenschaft Thaiboxen
auspowern kann.“
Carole Flury darf getrost als Powerfrau bezeichnet werden. Sie sagt
denn auch: „Es braucht extrem viel, um im Sport und im Job alles
konsequent durchzuziehen. Während der Hauptsaison, die von Januar bis
Mai und von September bis Dezember dauert, trainiere ich unter der
Woche praktisch jeden Abend und häufig auch am Samstagmorgen.“
Lebensgefährte als Trainer
Was
Carole Flury weiters zu einer aussergewöhnlichen Sportlerin macht, ist
die Tatsache, dass ihr Trainer und Förderer Rohy Batliwala zugleich
ihr Lebenspartner ist. Eine Allianz, die Vor- und Nachteile hat, wie
Flury bestätigen kann: „Ein Trainer muss hart sein, und da ich am
Anfang der Beziehung Sport und Privates nicht trennen konnte,
gestaltete sich das Zusammensein als schwierig. Mittlerweile kann ich
mit der Situation besser umgehen. Vorteilhaft ist, dass sich Rohy
immer Zeit nimmt, um mit mir zu trainieren.“
Rohy Batliwala ist der Vater des heute boomenden Thaiboxsports. Er
eröffnete 1985 in Winterthur die schweizweit erste Kampfschule. Zu
seinem Palmares gehören zahlreiche Weltmeistertitel seiner
Schützlinge.
Der
Sohn eines Inders und einer Schweizerin spielte sogar mal in vier
Hollywood-Actionfilmen mit. Seine Kampfkünste zeigte u.a. an der Seite
von Promis wie Tom Skerrit, Richard Roundtree oder Michael Dudikoff.
Mit einer Rolle in „American Fighter“ gelang Rohy Batliwala der
grösste Wurf. Der Kinoleinwand ist er treu geblieben, denn heute amtet
er als Geschäftsführer des „Kiwi“-Treffs Werdenberg.
Gesundheit und Glück
Das
Paar Batliwala/Flury funktioniert also auch ausserhalb des Boxrings
erfolgreich. Weder sportlich noch privat droht der Knock-out. Und
Carole Flury verfolgt den einfachen Lebenstraum: „Dass ich und meine
Leute gesund und glücklich bleiben!“
Von Marco Ackermann
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